Schlagersänger soll Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung führen - Kritik aus Brandenburg gegen CSU-Postenpolitik
Die geplante Ernennung des CSU-Politikers und Schlagersängers Tobias Thalhammer zum Vorsitzenden der Deutsch-Polnischen Wissenschaftsstiftung (DPWS) sorgt in Brandenburg für Empörung. Die Brandenburger Bundestagsabgeordnete Dr. Andrea Lübcke (Bündnis 90/Die Grünen) übt scharfe Kritik an dem Vorschlag von der bayerischen Bundesministerin Dorothee Bär (CSU).
„Was Ministerin Bär hier betreibt, ist Vetternwirtschaft par excellence“, sagt Lübcke, die dem Ausschuss für Forschung, Technologie, Raumfahrt und Technikfolgenabschätzung angehört. „Eine wissenschaftliche Stiftung mit internationalem Renommee wird zum Spielplatz parteipolitischer Loyalitäten degradiert. Ein Schlagersänger an der Spitze einer Wissenschaftsstiftung – das ist wohl Ministerin Bärs Vorstellung von Exzellenzförderung. Offenbar genügt es heute, eine Schlagermelodie halten zu können, um in der CSU als qualifiziert zu gelten. Das ist nicht nur mega-peinlich, das ist gefährlich für die Glaubwürdigkeit deutscher Wissenschaftspolitik“, sagt Lübcke und fordert:. „Wir erwarten von Ministerin Bär, dass sie diesen Vorschlag zurücknimmt, um nicht dauerhaft das Vertrauen in die deutsche Wissenschaftsförderung zu beschädigen.“
Nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung will das Ministerium für Forschung, Technologie, Raumfahrt und Technik die bisherige Vorsitzende Cornelia Pieper ablösen – obwohl sie als hochqualifiziert gilt und ihre Bereitschaft erklärt hatte, die erfolgreiche Arbeit fortzusetzen. Gemeinsam mit ihrem Stellvertreter Prof. Jan Rydel hatte sie die Stiftung in den vergangenen Jahren fachlich wie organisatorisch stark geprägt.
„Wenn Parteifreunde ohne wissenschaftliche Qualifikation auf Spitzenposten gehievt werden, während erfahrene Fachleute kaltgestellt werden, dann hat das mit verantwortungsvoller Personalpolitik nichts mehr zu tun“, meint Lübcke. „Ministerin Bär muss erklären, warum politische Nähe plötzlich wichtiger ist als wissenschaftliche Kompetenz.“ Lübcke kündigt an, gemeinsam mit ihrer Bundestagsfraktion einen umfangreichen Fragenkatalog an die Bundesregierung zu übermitteln, um die Hintergründe der Personalentscheidung aufzuklären.
Besonders kritisch sieht die Abgeordnete die Entscheidung mit Blick auf Brandenburgs Rolle als Mitstifterland der DPWS.
„Brandenburg steht für gelebte deutsch-polnische Kooperation – und genau dieses Vertrauen setzt die CSU mit ihrer Postenpolitik aufs Spiel“, sagt Lübcke. „Wer Wissenschaft zur Parteisache macht, gefährdet nicht nur eine Stiftung, sondern die Glaubwürdigkeit grenzüberschreitender Zusammenarbeit, für die Brandenburg seit Jahren steht“, so Lübcke.
Die Stiftung wurde  gemeinsam von der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Polen und dem Land Brandenburg gegründet und hat ihren Sitz in Frankfurt (Oder).
Hintergrund
Die Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung (DPWS) wurde 2006 gemeinsam von der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Polen und dem Land Brandenburg gegründet. Die Stiftung hat ihren Sitz in Frankfurt (Oder) und arbeitet eng mit wissenschaftlichen Einrichtungen in der Region zusammen, darunter insbesondere die Europa-Universität Viadrina und die Adam-Mickiewicz-Universität in Poznań (Posen).
Ziel der DPWS ist es, gemeinsame Forschungsprojekte in den Geistes- und Sozialwissenschaften zu fördern, die sich mit den Beziehungen zwischen Deutschland und Polen befassen und den europäischen Zusammenhalt stärken. Für Brandenburg ist die Stiftung ein bedeutender Akteur in der grenzüberschreitenden Wissenschaftskooperation und steht für europäische Integration auf regionaler Ebene sowie für die enge wissenschaftliche Vernetzung zwischen Ostdeutschland und Polen.
Mehr Informationen:
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.10.2025: „Schlagersänger als Vorsitzender? (Bezahlschranke)
https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/schlagersaenger-als-vorsitzender-vorschlag-fuer-stiftungsvorsitz-sorgt-fuer-kritik-accg-110751948.html