Jede Technologie muss mit all ihren Chancen und Risiken auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse reguliert werden. Als bündnisgrüne Forschungspolitikerin begrüße ich es, dass das EU-Gentechnikrecht zukünftig den aktuellen Stand der Wissenschaft besser widerspiegelt als bisher und das Vorsorgeprinzip weiter berücksichtigt. Die geplante Neuregulierung eröffnet eine verbesserte Grundlage für eine Intensivierung der Forschung in der Pflanzenzüchtung und stärkt den Forschungs- und Wissenschaftsstandort Europa strategisch. Denn Forschungsfreiheit zeigt sich nicht nur in der Theorie, sondern vor allem in der praktischen Anwendung. Der nun geschlossene Kompromiss schafft verbesserte Rahmenbedingungen für Feldversuche und kann dadurch auch zu einer besseren, evidenzbasierten Technikfolgenabschätzung beitragen.
Es ist unsere Aufgabe, gentechnische Verfahren differenziert nach ihren Potenzialen, ihren Risiken und Folgen zu bewerten. Das haben wir uns als Bündnisgrüne in unser Grundsatzprogramm geschrieben. Das bisherige Gentechnikrecht wurde zur Regelung der „alten Gentechnik“ geschaffen und bleibt für diesen Bereich im Kern unverändert. Es wird lediglich eine Ausnahmeregelung für Pflanzen geschaffen, die mit neuen genomischen Techniken erzeugt werden, aber auch mit herkömmlichen Züchtungsverfahren oder auf natürlichem Wege entstehen können. Ausnahmen gelten nur, wenn diese nur wenige genetische Veränderungen enthalten und keine Herbizidtoleranzen oder Insektizidresistenzen aufweisen. Für alle anderen Anwendungen neuer genomischer Techniken gelten weiterhin strenge Regeln.
Große Herausforderungen in der Landwirtschaft – etwa die Folgen der Klimakrise, Dürren und der übermäßige Einsatz von Pestiziden – erfordern dringend neue Antworten und ein breites Methodenspektrum. Weder mit den bisherigen Regelungen des Gentechnikrechts noch mit nur einer einzelnen Technologie lassen sich diese Herausforderungen lösen. Die Möglichkeit, neue genomische Techniken anwenden zu können, ist ein wichtiges Element im Werkzeugkasten der modernen Landwirtschaft.
Es ist wichtig, die Vorbehalte der Verbraucher*innen ernst zu nehmen. Wo es wissenschaftliche Fortschritte gab, ist es offenbar nicht gelungen, diese erfolgreich zu kommunizieren. Daher brauchen wir jetzt mehr denn jeden Dialog zwischen den Forschenden, den Erzeuger*innen und den Verbraucher*innen, um ein besseres Verständnis für Potentiale und Risiken – da, wo sie tatsächlich bestehen – zu schaffen. Die durch den ausgehandelten Kompromiss ermöglichte Patentierung von Saatgut lehne ich ab und fordere von der EU-Kommission, durch verbindliche, legislative Maßnahmen sicherzustellen, dass mögliche Hindernisse beim Zugang zu Saatgut insbesondere für Klein- und mittelständische Züchtungsunternehmen abgebaut werden.